Brenz, Johannes

Von: Deuschle, Matthias A.

Inhaltsverzeichnis
  1. 1: Lebensdaten
  2. Johannes Brenz (1499-1570)
  3. 1.1: Eltern
  4. 1.2: Ausbildung
  5. 1.3: Beruflicher Werdegang
  6. 1.4: Familie
  7. 2: Biographische Würdigung
  8. Anhang

1: Lebensdaten

Johannes Brenz (1499-1570)

1.1: Eltern

Johannes Brenz erblickte am 24. Juni 1499 als ältester Sohn von Johannes Hess, genannt Brenz, und Katharina Henig in der Freien Reichsstadt Weil der Stadt das Licht der Welt. Der Vater war 24 Jahre lang Vorsitzender des Stadtgerichts („Schultheiß“), die Mutter stammte aus Enzvaihingen. Wahrscheinlich hatte er drei jüngere Brüder.

1.2: Ausbildung

Nach den ersten Schuljahren in Weil der Stadt wurde Brenz im Jahr 1510 auf die Lateinschule in Heidelberg geschickt, schon 1511 wechselte er nach Vaihingen an der Enz. Am 13. Oktober 1514 schrieb er sich an der Universität Heidelberg zum Studium der Freien Künste („Artes liberales“), einer Art Grundstudium, ein. Dabei widmete er sich insbesondere den antiken Sprachen, unter anderem wurde er von Johannes Oekolampad im Griechischen unterrichtet. 1518 legte er die Magisterprüfung ab. In dem daran anschließend begonnenen Theologiestudium erlangte er hingegen keinen Abschluss. Neben Oekolampad lernte er in Heidelberg Martin Bucer, Theobald Billicanus und weitere Repräsentanten der späteren reformatorischen Bewegung kennen. Prägend war für ihn die Begegnung mit Luther, der am 26. April 1518 in Heidelberg über die Kreuzestheologie disputierte („Heidelberger Disputation“).

1.3: Beruflicher Werdegang

Johannes Brenz (1499-1570), Holzschnitt

Gemeinfrei

1522 übernahm Brenz die Stelle eines Prädikanten in der Freien Reichsstadt Schwäbisch Hall; schon bald begann er, im reformatorischen Sinne zu predigen. Im folgenden Jahr empfing er gleichwohl noch die Priesterweihe in seiner Heimatstadt. Als Berater nahm er an zahlreichen Versammlungen teil, unter anderem für Markgraf Georg von Brandenburg-Ansbach am Augsburger Reichstag im Jahr 1530. 1548 musste der die Stadt als Gegner des kaiserlichen Religionsgesetzes („Interim“) verlassen. Unter dem Schutz des württembergischen Herzogs lebte er verborgen an verschiedenen Orten. Mehrere Berufungen ins Ausland schlug er aus. Ab 1550 war er als Berater des auf seinen Vater folgenden Herzogs Christoph tätig. Er konnte aber erst 1554 offiziell in dessen Dienst treten: als Propst und herzoglicher Rat für Kirchenfragen. Bis zu seinem Tod am 11. September 1570 füllte er die Stelle aus, die nicht nur mit zahlreichen Reisen durch das Land und Gesandtschaften ins Ausland, sondern auch mit dem regelmäßigen Predigtdienst an der Stiftskirche verbunden war.

1.4: Familie

Brenz war zweimal verheiratet. Aus der Ehe mit der verwitweten Margarete, Tochter des Haller Ratsherrn Kaspar Gräter, gingen sechs Kinder hervor. Nachdem Margarete im November 1548 verstorben war, heiratete er eine Nichte seines Haller Freundes und Kollegen Johann Isenmann, Katharina, geb. Isenmann. Sie gebar ihm 13 Kinder. 13 der 19 Kinder überlebten ihn und hinterließen eine große Nachkommenschaft, zu der bekannte Persönlichkeiten wie die Theologen Johann Albrecht Bengel, Friedrich Christoph Oetinger und Dietrich Bonhoeffer, der Philosoph Hegel, die Dichter Uhland und Hesse sowie die Familie von Weizsäcker gehört.

2: Biographische Würdigung

Nachdem sich Brenz bereits in Heidelberg der reformatorischen Lehre zugewandt hatte, trat er in Schwäbisch Hall offen als Anhänger Luthers auf und wurde zum Reformator der Reichsstadt. Im Bauernkrieg 1525 zeichnet er sich durch eine milde Haltung gegenüber den Aufständischen aus. Seine behutsamen Schritte, die Stadt der Reformation zuzuführen, gipfelten 1527 in dem Entwurf einer Kirchenordnung, die allerdings nur teilweise in Kraft trat. Von großer Bedeutung sind Brenz‘ Katechismen: Der 1528 erschienene ist einer der ersten evangelischen Katechismen überhaupt. Wirksamer wurde jedoch sein zweiter, 1535 veröffentlichter Katechismus. Er wurde schließlich Teil der württembergischen Kirchenordnung und – z.T. in Kombination mit Luthers Katechismus – viele Jahrhunderte als Lehrbuch verwendet. Auch über die Grenzen Halls hinaus war Brenz tätig: Im Abendmahlsstreit trat er früh auf die Seite Luthers. Seit 1528 beriet er Markgraf von Brandenburg-Ansbach; 1529 nahm er am Marburger Religionsgespräch und 1530 am Augsburger Reichstag teil. Außerdem wirkte er seit 1535 bei der Einführung der Reformation in Württemberg mit. Nachdem die Evangelischen im Schmalkaldischen Krieg besiegt worden waren, widersetzte er sich dem Versuch Kaiser Karls V., mit Hilfe eines Religionsgesetzes („Interim“) die religiöse Einheit im Reich wiederherzustellen, die mit der Aufgabe des größten Teils der reformatorischen Errungenschaften verbunden gewesen wäre. Er floh vor den kaiserlichen Truppen und lebte mehrere Jahre an unterschiedlichen Orten, wobei er sich weiterhin als theologischer Schriftsteller und Gutachter betätigte.

1550 übernahm Herzog Christoph die Regierung. Als Beleg für seine reformatorische Gesinnung kann das Württembergische Bekenntnis gelten, das, von Brenz verfasst, 1553 dem Konzil von Trient vorgelegt wurde. Eine ausführliche Verteidigung des Bekenntnisses aus Brenz‘ Feder, die „Apologie“, wurde zur theologischen Grundlage für die nach 1552 erneuerte evangelische Kirche im Herzogtum. 1553 rief ihn der Herzog nach Stuttgart, seit dem 24. September 1554 trug er offiziell den Titel des Propstes an der Stiftskirche. Konsequent ging er an den Aufbau der Kirche. Es entstanden zahlreiche Ordnungen, die 1559 in der Großen Württembergischen Kirchenordnung zusammengefasst wurden. Vor allem aber war Brenz als Schriftausleger tätig: Seine Predigten und Bibelkommentare wurden für viele Generationen zum Vorbild und beeinflussten nicht zuletzt den württembergischen Pietismus (vgl. J.A. Bengel).

Theologisch blieb Brenz zeitlebens Schüler Luthers. Die Bindung an die Schrift und die Zentralstellung der Rechtfertigungslehre kennzeichnen seine Lehre. Kompromisslos für die wahre Lehre eintretend, war Brenz gleichwohl zurückhaltend im gewaltsamen Vorgehen gegen Täufer und bei der Verdammung andersdenkender Evangelischer. In den Auseinandersetzungen nach Luthers Tod beschwor Brenz, der neben Melanchthon die größte Autorität im lutherischen Lager hatte, die Einheit des Luthertums im Gegenüber zum wieder erstarkenden römischen Katholizismus. Durch Brenz erhielt Württemberg eine eindeutig lutherische Prägung. Als sich in den 1550er Jahren Calvins Abendmahlslehre auszubreiten begann, trat Brenz vehement für Luthers Ansichten ein, wodurch er in Gegensatz zu Melanchthon geriet. Anknüpfend an Luther behandelte er insbesondere die Frage, was die Einheit von Gott und Mensch in Christus für die Gegenwart Christi im Abendmahl bedeutet. Die großen christologischen Schriften, die in diesem Zusammenhang entstanden, wurden grundlegend für die Ausprägung einer Tübinger Theologie im 17. Jh. Brenz betont darin, dass Christus als Mensch und Gott in vollkommener Einheit der Person auch nach seiner Himmelfahrt in der Welt wirksam gegenwärtig ist.

Aktualisiert am: 06.03.2024