JOHANNES HESSE (1847-1914)
Johannes Hesse wurde 1847 als Sohn eines Arztes im heutigen Estland geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Reval (heute: Tallinn) ging er nach Basel, wo er zum Missionar ausgebildet wurde. 1869 wurde er nach Indien entsandt. Da er das tropische Klima nicht vertrug, musste er vier Jahre später nach Deutschland zurückkehren.
Er wurde nach Calw geschickt, wo der ehemalige Indienmissionar Hermann Gundert den von Christian Gottlob Barth gegründeten Calwer Verlag leitete. Zunächst war Hesse für die dort erscheinenden Missionszeitschriften verantwortlich, nach Gunderts Tod übernahm er 1893 deren Leitung.
Hesse war auch selbst schriftstellerisch tätig und veröffentlichte mehrere Bücher. Weit verbreitet waren „Vom Segensgange der Bibel durch die Heidenwelt“, „Das Missionsjahrhundert“ und „Frühlingswehen in der Völkerwelt: 45 Missionsgeschichten“. Hilfreich für viele Pfarrer wurde „Mission auf der Kanzel“. Dazu schrieb er die Biographien seines Schwiegervaters und des Inspektors Josenhans. Er war auch Herausgeber des „Evangelischen Missions-Magazins“, der weit verbreiteten Fachzeitschrift der Basler Mission.
In Calw lernte er Gunderts Tochter Marie kennen. Sie war 1842 in Indien geboren worden und 1862 mit ihren Eltern zurückgekehrt; sie half ihrem Vater bei der Verlagsarbeit mit Übersetzungen aus dem Englischen. Dabei lernte sie den englischen Missionar Charles W. Isenberg kennen, mit dem sie 1865 erneut nach Indien ging. Die Lungentuberkulose ihres Mannes zwang sie zur Rückkehr nach Deutschland, wo Isenberg 1870 starb.
Die junge Witwe wurde die erste Englischlehrerin an einer höheren Schule in Württemberg. Dort lernte sie Johannes Hesse kennen. Sie heirateten 1874 und hatten sechs Kinder. Das zweite Kind war der später berühmte Schriftsteller Hermann Hesse, der 1877 geboren wurde.
Nach dem Tod seiner Frau 1902 zog Johannes Hesse 1905 mit seiner Tochter Marie, genannt Marulla, nach Korntal. Diesem Ort, der damals eng mit der Basler Mission verbunden war, widmete er das Buch „Korntal einst und jetzt“. Marulla blieb auch nach dem Tod ihres Vaters 1916 in Korntal und arbeitete dort als Erzieherin. Auf dem alten Korntaler Friedhof, auf dem auch viele Missionare begraben sind, erinnert ein gemeinsamer Grabstein an Vater und Tochter.
Da sowohl seine Großeltern als auch seine Eltern in Indien gewirkt hatten, hatte Hermann Hesse stets eine besondere Beziehung zu Indien. Auf einer Asienreise 1911 kam er zwar nur bis Ceylon, aber in seinen Büchern „Aus Indien“ (1913) und „Siddartha“ (1922) setzt er sich mit den religiösen Traditionen Asiens auseinander.
Über seinen Vater schrieb Hermann Hesse: „Unser Vater ... hat bis zu seinem Tode von den Mundarten, die um ihn herum und auch von seiner Frau und seinen Kindern gesprochen wurden, nichts angenommen, sondern sprach in unser Schwäbisch und Schweizerdeutsch hinein sein reines, gepflegtes, schönes Hochdeutsch. Dieses Hochdeutsch, obwohl es für manche Einheimische unser Haus an Vertraulichkeit und Behagen einbüßen ließ, liebten wir sehr und waren stolz darauf, wir liebten es.“
Aktualisiert am: 04.06.2024
Zitierweise
https://wkgo.de/cms/article/index/hesse-johannes (Permalink)
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