Hinderer, David

Von: Quack, Jürgen

Inhaltsverzeichnis
  1. David Hinderer (1819-1890)
  2. 1: Ausbildung
  3. 2: Entsendung nach Nigeria
  4. 3: Missionarisches Wirken in Ibadan
  5. 4: Letzte Jahre und Erinnerung an ihn in Nigeria
  6. Anhang

David Hinderer (1819-1890)

David Hinderer (1819-1890)

Archiv der Basler Mission und hat die Signatur QS-30.001.0195.01

Die anglikanische St. David’s Cathedral in Ibadan (Nigeria) trägt ihren Namen als Erinnerung an den Missionar David Hinde­rer, geb. am 29. Oktober 1819 in Berglen-Birkenweißbuch bei Schorndorf. Er war der erste Bote des Evangeliums in dieser Stadt mit heute 3 Millionen Einwohnern im Süden von Nigeria.

1: Ausbildung

David Hinderer lernte den Beruf des Leinewebers und kam als Jugendlicher in pietistische Kreise, wo er Berichte aus der Mission hörte. Seine erste Bewerbung für die Aufnahme in das Basler Seminar schrieb er 1837 mit 18 Jahren. In einem Begleitbrief riet der Stuttgarter Pfarrer Wilhelm Hofacker, ihn noch nicht aufzunehmen, weil er noch sehr in der Entwicklung sei, ihn aber im Auge zu behalten. Zwei Jahre später bewarb er sich erneut und wurde aufgenommen. Aber zunächst musste er seine Musterung zum Militärdienst abwarten. Da er nicht eingezogen wurde – wahrscheinlich weil er nicht die erforderliche Körpergröße hatte – konnte er 1841 nach Basel gehen.   

Nach Abschluss der Ausbildung wurde er 1846 der englischen Church Missionary Society (CMS) zur Verfü­gung gestellt. Nach einer weiteren Ausbildung in deren  Seminar in Islington wurde er zum anglika­nischen Priester geweiht und im Januar 1849 nach Westafrika ausgesandt, wo auch viele andere Basler Missionare im Dienst der CMS tätig waren.

2: Entsendung nach Nigeria

Er nahm aus London eine große Menge Neuer Testamente in der Hausa-Sprache mit, da er den Auf­trag bekam, in das Gebiet der Hausa im Landesinneren des heutigen  Nigeria vorzudringen. Er  hatte die Vision, dass von dort aus eine Kette von Missionsstationen am Südrand der Sahara bis nach Ostafrika errichtet würde, wo die CMS schon in Äthiopien wirkte.

Jedoch zeigte es sich, dass der Widerstand unter den muslimischen Hausa so groß war, dass sich die Mission zunächst auf die Arbeit unter den in Küstennähe lebenden Yoruba sprechenden Stämme  beschränken musste.

Die verschiedenen Gruppen der Yoruba kämpften immer wieder um Einfluss und Hegemonie. Gegenseitige Überfälle und Plünderungen waren häufig. Das wichtigste Handelsgut waren Kriegsgefangene, die als Sklaven auf die Felder geschickt oder verkauft wurden. Der Sklavenhandel nach Amerika war schon lange verboten, aber im Landesinneren noch weit verbreitet. Lohnarbeit war nicht bekannt, das Wirtschaftssystem beruhte auf der Sklavenarbeit.

Die Missionare propagierten ein friedliches Leben und ein Engagement in der Landwirtschaft. Hinde­rers Kollege Karl Gollmer aus Kirchheim/Teck veranstaltete z.B. eine Landwirtschaftsmesse mit Preisen für die besten Produkte. Die Missionare warben auch für den Export von Baumwolle und Palmöl nach England als „legitimen Handel“ anstatt des Sklavenhandels.

Sie gründeten zahlreiche Schulen, in Abeokuta auch eine Oberschule, wo unter der Leitung des eben­falls  aus Württemberg stammenden Gottlob  Bühler künftige einheimische Pfarrer in Latein und Griechisch unterrichtet wurden.

3: Missionarisches Wirken in Ibadan

David Hinderer war zunächst in Abeokuta tätig, zog aber nach der Heirat mit der Engländerin Anna geb. Martin 1853 in die Stadt Ibadan im Landesinneren, ca. 150 km von der Küste entfernt. Die Machthaber in der Stadt befragten allerdings erst ein lokales Orakel, ob sie der Ansiedlung von weißen Menschen zustimmen sollten. Als das Orakel die Frage bejahte, wurden sie will­kom­men geheißen, konnten Land erwerben und mit dem Bau eines Hauses – des ersten zweistöc­kigen Hauses in der damals ca. 50.000 Einwohner zählenden Stadt - beginnen. Im Erdgeschoss waren die Vorratsräume, auf der großen Veranda im ersten Stock begannen sie eine Schule. Sie waren viele Jahre die einzigen Europäer in der Stadt. Seine Mitarbeiter holte er vor allem aus Sierra Leone aus den von den Engländern befreiten und dort angesiedelten Sklaven, die zum großen Teil Christen geworden waren. Sie suchten das Gespräch mit den Bewohnern der Stadt und predigten auf den Straßen.

Außerdem gründeten sie eine Schule. Auch in den eigenen Haushalt nahm das Ehepaar, das keine eigenen Kinder hatte, bis zu 30 Kinder auf – teils Waisenkinder, von denen es durch die häufigen Kriegszüge viele gab, teils freigekaufte Sklaven, teils Kinder vornehmer Afrikaner, die eine westliche Bildung für ihre Kinder wollten. 

Durch jahrelange Stammeskriege war Ibadan lange Zeit von der Küste und allem Nachschub abgeschnitten. Um zu überleben und um ihre Arbeit weiter  betreiben zu können, mussten Hinderers einiges von ihrem Inventar verkaufen. Sie bekamen auch Spenden von reichen Ibadanern, die ihre soziale Arbeit schätzten.

Die entstehende kleine christliche Gemeinde erfuh­r aber auch viel Ablehnung, da Hinderer sowohl gegen die im Landesinneren noch weit verbreitete Skla­verei wie gegen die allgemeine Kriegslust und Gewaltverherrlichung predigte. Soweit er es als Fremder und Gast in der Stadt tun konnte, sprach er sich auch gegen die traditionellen Menschenopfer vor den Kriegszügen aus. 

4: Letzte Jahre und Erinnerung an ihn in Nigeria

St. David‘s Cathedral Ibadan im Jahr 2022

Foto: Folu Oyefeso, Nigeria

Wegen der angegriffenen Gesundheit von Anna Hinderer kehrte das Ehepaar 1869 nach England zurück, wo David eine Pfarrstelle in Martham, Norfolk, übertragen wurde. Nach dem Tod seiner Frau 1870 kehrte er nach Afrika zurück und gründete zwei weitere Missionsstationen. Er setzte sich sehr für die Ausbildung von einheimischen Mitarbeitern ein. 1877 kehrte er endgültig nach Europa zurück und starb am 16.9.1890 in Bornmouth, England.

In Ibadan blieb er vor allem als Mahner zum Frieden und Gegner der Sklaverei in Erinnerung. Als Ibadan später Bischofssitz wurde und eine größere Kirche gebaut wurde, gaben die Ibadaner Christen ihr den Namen St. David – zur Erinnerung an David Hinderer. Auch eine Schule trägt seinen Namen. Ebenso gibt es eine St. Anna-Kirche und eine St. Anna-Schule zur Erinnerung an seine Frau.

Auch wenn er nach der Ausbildung in Basel für die anglikanische Mission und Kirche tätig war, blieb er sein Leben lang mit seiner „lieben Mutter, der Basler Missionsgesellschaft“ verbunden und schickte ihr jedes Jahr einen Beitrag.

Aktualisiert am: 06.03.2024