Müller, Ernst

Quellenangabe

LKA Stuttgart, Pfa Schornbach, Nr. 503

Kurzbiografie

Wilhelm Ernst Müller aus Schornbach wurde am 20.4.1885 geboren und starb am 16.2.1915. Seine Eltern waren Johann David Müller und Rosine, geb. Fischer. Der Vater starb 1904. Ernst Müller heiratete 1910 Sophie Möß, mit der er 2 Kinder hatte. Seit 1914 war er bei der Straßenbahn in Stuttgart beschäftigt. Er wurde am 5. August 1914 zur Landwehr eingezogen. Am 16. Februar 1915 fiel er. Am 17. Februar 1915 wurde er im Park des Schlosses Polderhoek (nahe Becelaere in Belgien) bestattet; am 3. März 1915 fand in Schornbach die Trauerfeier statt.

Feldpostkarte, 18. November 1914

Feldpostkarte, 18. November 1914

  • Absendeort: Becelaere(1)
  • Truppenzugehörigkeit: 27. Armeekorps, 54. Division, Inf.Regt. Nr. 248, III. Bataillon, 9. Kompanie.
  • Dienstgrad: Wehrmann

Geehrt. Herr Pfarrer! // Endlich nach 4 Wöchigem // Gefecht komme ich dazu Ihnen // ein Lebenszeichen zu kommen // zu lassen. Zuerst meinen // besten Dank für die erhaltenen Zeitungen: Durch Kampf zum Sieg. // Welches schon oft mir u. den Kame= // raden ein Trost wurde in unsern //  Schützengräben gelesen u. die Kugeln // gingen darüber weg. Leider haben // wir schon viele Verluste ⅔. Ich // glaube bald Wilhelm Kaltschmid(2)  be= // finde sich auch darunter. Seinen Ver= // bleib kann ich nicht ermitteln. Es sind hier // sehr harte Kämpfe u. Gott sei Dank daß // dies sich nicht in der Heimat abspielt. // Darum nochmals Dank mit Gruß // verbleib Ihr Gemeindemitglied // Ernst Müller.

Feldpostkarte, 25. November 1914

  • Absendeort: Dadizele (Westflandern)
  • Truppenzugehörigkeit: -
  • Dienstgrad: Wehrmann

Herrn Pfarrer Pressel! // Das Ev. Gemeindeblatt erhalten, besten // Dank für Zusendung u. Zusammenstellung // der Liste der Kameraden, welche mich richtig // freute. Aber wie viele wird die Liste zählen // nach dem Krieg? Da wird sicher jedem zurück= // kehrenden diese Liste ein Verlangen werden. // Nun in Eile seit Alle in der Heimat // gegrüßt // Ernst Müller. // (Randbeschriftung:) Die Kohlenbergwerke gesehen in // der Fahrt hieher.

Feldpostbrief, 26. Dezember 1914

  • Absendeort: Becelaere
  • Truppenzugehörigkeit: -
  • Dienstgrad: Wehrmann

Weihnachten 1914 in Becelaere

1) Weihnachtszeit, schöne Zeit

Feiert man sonst weit und breit

Überall in deutschen Landen

Welcher Jubel welche Freude

war bei jung und alt wohl heute

eh man Krieg nicht kannte.

2) Wie ganz anders war es heut

Nicht daheim in stiller Freud

Konnten wir es feiern

Fern in fremdem Feindesland

Kämpfend für das Vaterland

Begingen wir die Feier.

3) Doch beim hellen Lichterglanz

Leuchtend wie der Sterne Glanz

Unterm Tannenbaum

Scharten wir uns Krieger dann

Und manch schöner Weihnachtsgesang

Erfüllt den festlichen Raum.

4) Welche Freude herrschte sogleich

Als jeder wurde beschenkt

vom Roten Kreuz Stuttgart so reich

Welch wertvollen Sachen konnt man sehn

So sinnig durchsucht und doch so schön

Welch schöne Weihnachtskarte.

5) Jeder dankt im Stillen schon

Dem freundlichen Spender, der im Schwabenland wohnt

Dem, den er nicht kannte

So feierten wir in schöner Stunde

Das Weihnachtsfest in trauter Runde

im Feld, im Feindeslande.

6) Nun Dank sei Euch auch gesagt

Die mir in Gemeinde näher bekannten

Den mir unbekannten Spendern

Mir schönes Wertvolles sandten

Wünsch allen Euch Ihr Gebern

die besten Wünsche zum neuen Jahr.

Gruß und dankt // Euer Ausmarschierter // Ernst Müller.

Becelaere, 26.12.14

Gedanken im Schützengraben.

2 leere Umschläge von zurückgesandten Feldpostbriefen

Poststempel vom 12. bzw. 18.02.1915 mit dem Vermerk: zurück, gefallen bzw. zurück, gefallen fürs Vaterland.

Trauerfeier

Bei den Unterlagen zu Ernst Müller befinden sich 2 weitere Schriftstücke, die von Pfarrer Pressel verfasst wurden. Das erste Schriftstück enthält die schriftliche Aufzeichnung dessen, was Pfr. Pressel bei der Trauerfeier für Ernst Müller vorgetragen hat:

Wilhelm Ernst Müller //

ist am 20. April 1885 in Schorn= // bach dem Johann David Müller // Bauern hier und  der Rosine // geb. Fischer geboren. Unter 12 // Geschwister war er der jüngste. // Er wuchs hier auf, wurde // am 16. April 1899 hier konfir= // miert und arbeitete mit // seinen Geschwistern im elterli= // chen landwirtschaftlichen Be= // triebe. Im Nov. 1904 starb // der Vater. 1907 kam er // zum Militär zum Inf.Reg. // 127 auf 2 Jahre. Am 18. Sept. // 1910 wurde er mit Sophie // Möß  getraut. Der glücklichen // Ehe entsprossten 2 Kinder, // welche für sie eine reiche // Quelle der Freude waren. Fami= // lienzwistigkeiten nötigten ihn, // nach Münster überzusiedeln, // wo er in den Dienst der elek= // trischen Straßenbahn Stuttgart // trat. Bald nach // (Eingeschoben:) Beginn des // dem Krieges // mußte er einrücken und // kam schließlich in das Reser= // ve-Infanterie-Regiment // Nr. 248 9. Komp. // (Eingeschoben:) in der Gegend von Bezelaere // Er machte // schwere Kämpfe mit. Am // 18. Nov. schrieb er mir von // einem überstandenen 4 wö= // chigen Gefecht und dankte für das Gemeindeblatt und das Blatt // „Durch Kampf zum Sieg“, // das ihm und seinen Kamera= // den schon oft ein Trost gewe= // sen sei. Am 29. Nov. feierte // er das Abendmahl. Er ist // sich bewusst, dass er stünd= // lich vor dem Tode stehe // und wünscht einen plötzli= // chen Tod, wenn es nach Got= // tes Wollen sein soll. // Seiner Frau spricht er Trost zu // und sagt: Wir sind ja Wan= // derer auf der Erde, eine kleine // Zeit hier und sorgen uns um // das Essen ab und nachher // hat man das Beste nicht. // Sorget nicht für den anderen // Morgen.(3) In Bezelaere durfte er ein schöne Weihnachts= // fest erleben, vom dem er mir // in einigen Versen erzählte. // Am 8. Febr. fragt er nach dem // Ergehen seiner Mutter und // schreibt, daß 14 Tage vorher // eine Granate direkt in den // Eingang seiner Deckung ge= // fahren sei, welche sein und // seiner Kameraden Tod hätte // sein können, wenn es nicht // ein Blindgänger gewesen wäre. // Schon am 17. Februar schreibt der // Feldwebel, daß er abends am 16. Febr beim Vorrücken der // Kompanie von der hinteren Li= // nie in den 1. Schützengraben // von einer feindlichen Kugel // in den Kopf getroffen worden // sei und gleich tot gewesen // sei. Am Morgen wurde er // in dem Park des Schlosses // Polderhoek 2 km westlich Beze= // laere von einem Kameraden beerdigt. Der jetzt ebenfalls // verwundete Kompanieführer // Leutnant Knapp schrieb einen // lieben Brief an seine Frau, in // dem er von ihm sein ehrli= // ches kameradschaftliches Wesen, // das allgemein beliebt // gemacht habe, und seine // auch unter schwierigen und gefähr= // lichen Umständen bewahrte // heitere Ruhe und Mut rühmte, // wodurch er für manche be= // deutend jüngeren Kameraden // ein schönes Vorbild gewesen // sei. Der Herr unser Gott verleihe unserem den Helden= // tod fürs Vaterland gestorbenen Mitbruder eine sanfte Ruhe // er lasse ihm leuchten das // ewige und wahre Licht. Er // gebe ihm am jüngsten Tage // eine selige Auferstehung // zum ewigen Leben durch // Jesum Christum, unsern Herrn. // Amen.

Bei den Unterlagen befindet sich ein weiterer Notizzettel, von Pfarrer Pressel verfasst, welcher der Ansprache zugrunde liegt:

Becelaere 18. Nov.    nach 4wöchigem Gefecht

                                   Blatt: schon oft mir und den Kameraden // ein Trost wurde in uns.                                    Schützengr.

Dadizele 25. Nov.       Dank f. Gemeindeblatt.

Bezelaere 30. Nov.    an s. Frau in Dadizele 29. Nov in der Kirche // beim Nachtmahl // Wenns trifft nur recht, damit er das schwere // Leiden nicht durchmachen müsse. // Wir sind ja nur Wanderer auf der Erde eine kleine // Zeit hier und sorgen uns um das // Essen ab und nachher hat man das Beste // nicht.

Sorget             nicht für den anderen Morgen.

13. Dez. //

Bezelaere 26. Dez. // Dank in poetischen Klängen. // schönes Weihnachten.

Schützengraben 8. Febr. 5 km östl. v. Ypern. //

                                   Wie geht es meiner Mutter, schreibt mir // auch etwas darüber. //                                     Vor 14 Tagen eine Granate direkt an den // Eingang unserer Deckung                             z. Glück ein // Blindgänger.

Bezelaere, 17.Febr. // Feldwebel. 16. Febr. abends 6 Uhr. während // die Komp. von hinterer Linie in den 1. // Schützengraben vorrückte, traf ihn die feindl. // Kugel in den Kopf von den Kameraden, // bei denen er sehr beliebt war wurde er // in der Nähe unserer Stellung begraben.

23. Febr. //      ehrliches kameradschaftliches Wesen. allgemein // beliebt. Stets auch unter schwierigen & gefähr= // lichen Umständen zeigte er heitere Ruhe & Mut // und war für manchen bedeutend jüngeren // Kameraden ein schönes Vorbild.

18 Febr morgens ein Grab in dem Park des // Schlosses Polderhock 2 km westl. von Bezelare // mit Holzkreuz Aufschrift Tannenreis // Ludwig Knapp Kompanieführer. verwundet im Res.Lazarett No. 94.

Aktualisiert am: 24.07.2018